Dem weiblichen Fachkräftemangel in MINT-Berufen in der neuen Arbeitswelt entgegenwirken

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Die Schweizer MINT-Branche leidet seit Jahren unter dem weiblichen Fachkräftemangel. Ein neues Forschungsprojekt der OST – Ostschweizer Fachhochschule entwickelt und implementiert Massnahmen in den MINT-Unternehmen Bühler AG, INFICON AG, Linde Kryotechnik AG, Liip AG und RUAG AG, um mehr Frauen für MINT-Berufe zu gewinnen und langfristig zu binden.

Der Fachkräftemangel verstärkt den Bedarf nach Arbeitskräften in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) in Schweizer Unternehmen. Trotz hervorragenden Karrierechancen entscheiden sich nur rund 20 Prozent der Frauen für eine Ausbildung im MINT-Bereich. In den letzten zehn Jahren hat sich trotz vieler Förderprogramme kaum etwas geändert. Die Schweiz gehört weiterhin zu den OECD-Ländern mit dem tiefsten Frauenanteil in MINT-Berufen. Dazu kommt, dass Frauen MINT-Berufe häufig wieder verlassen. Das neue Forschungsprojekt des Instituts für Gender und Diversity (IGD) der OST – Ostschweizer Fachhochschule erforscht die gegenwärtige Situation der Frauen in der MINT-Branche. Zusammen mit den betroffenen Frauen und MINT-Unternehmen wird untersucht, wie attraktivere Arbeitsplätze in der MINT-Branche unter Einbindung des New Work-Gedankens geschaffen werden können. Ziel ist es, die Erkenntnisse bis 2025 in fünf Partnerunternehmen durch gezielte Massnahmen in die Praxis umzusetzen. Das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) unterstützt das Projekt mit Finanzhilfen.

Neuer Lösungsansatz für bekanntes Problem

«Gemeinsam mit unseren Projektpartner/innen wollen wir die Möglichkeiten und die veränderte, offenere Haltung gegenüber einer neuen Arbeitsgestaltung nutzen, um dem weiblichen Fachkräftemangel in der MINT-Branche zu begegnen und neue Lösungsansätze zu schaffen», erklärt Prof. Dr. Alexandra Cloots, Institutsleiterin des IGD. «New Work» bezeichnet die Transformation der Arbeit mit dem Ziel, dass diese sinnstiftend, frei, selbstbestimmt und sozialkompetent im Sinne der Organisation stattfinden kann. Zentral ist somit die Ausgestaltung der Arbeit und Entwicklung neuer Arbeitsformen. In vielen Unternehmen der MINT-Branche besteht Handlungsbedarf, Arbeitsplätze für weibliche Fachkräfte attraktiver zu gestalten, um innovations- und wettbewerbsfähig zu bleiben. Ansonsten geht der MINT-Branche viel Potenzial verloren. Dr. Bernhard Andreaus, Geschäftsführer der INFICON AG, sieht die Teilnahme an dem Projekt als eine Investition in die Zukunft: «INFICON gestaltet mit, widmet sich den technischen Köpfen von morgen und fördert den technologischen Fortschritt. Wir legen besondere Betonung auf die Förderung von Frauen, die ihr Potenzial im technologischen Fortschritt entfalten möchten.»

Nachhaltige Massnahmen für MINT-Unternehmen

Das Ziel des Forschungsprojekts ist es, den Arbeitsrahmen basierend auf den Bedürfnissen der weiblichen MINT-Fachkräfte zu gestalten. Die Partnerunternehmen des Projekts erhalten spezifisch entwickelte Massnahmen, die begleitet durch das Projektteam erarbeitet und in den Unternehmen umgesetzt werden. Zu den beteiligten Unternehmen gehören bisher Bühler AG, INFICON AG, Liip AG, Linde Kryotechnik AG und RUAG AG. «Mithilfe der empirischen Erkenntnisse des Forschungsprojekts werden wir zusätzliche Instrumente ausarbeiten und implementieren, die uns langfristig den Gewinn von mehr weiblichen Fachpersonen für unser Unternehmen ermöglichen», zeigt Debora Saracino, Employer Branding Specialist bei RUAG AG, auf. Die Umsetzung in den Unternehmen soll gewährleisten, dass die Massnahmen nachhaltig und über das Projektende hinweg in den Unternehmen verankert werden. Dieses Ziel strebt auch Beatrice Bütler, Head of Human Resources der Linde Kryotechnik AG an: «Wir möchten auch in Zukunft für weibliche Fachkräfte ein attraktiver Arbeitgeber bleiben.»

In Workshops profitieren die Unternehmen zudem vom gegenseitigen Austausch. «Wir hoffen, einen Informationsaustausch darüber führen zu können, auf welche Massnahmen andere Unternehmen in diesem Bereich setzen und was wir von ihnen lernen können, um einen höheren Anteil an weiblichen Fachkräften anzuziehen und zu halten», betont Sebastian Kubik, Head of Engagement, Diversity & Inclusion der Bühler AG.

Bedürfnisse und Erwartungen der betroffenen Frauen

Um dieses Projektziel zu erreichen, führen Alexandra Cloots und Sara Juen des IGD schweizweit eine quantitative Online-Umfrage mit weiblichen Lernenden, Studentinnen und Berufseinsteigerinnen in MINT-Berufen durch. Ziel ist es, die Bedürfnisse und Erwartungen von Frauen, die zukünftig in MINT-Fachbereichen arbeiten, zu erheben. Ergänzend werden Interviews mit Mitarbeiterinnen der beteiligten Unternehmen und mit Berufsaussteigerinnen geführt. Anhand der Sicht der erfahrenen Arbeitnehmerinnen kann festgestellt werden, welche Veränderungen in den Unternehmen notwendig sind, damit Frauen langfristig in MINT-Berufen bleiben wollen. Die Bedürfnisse der Berufseinsteigerinnen, der erfahrenen Arbeitnehmerinnen und Berufsaussteigerinnen werden in einer Analyse verglichen.

Von der Theorie in die Praxis

Die Ergebnisse dieser Analyse werden mit dem Status quo der beteiligten Unternehmen verglichen. Indem untersucht wird, welche Bedürfnisse und Erwartungen die Unternehmen bereits erfüllen und welche nicht, werden Empfehlungen und Massnahmen für und mit den Unternehmen ausgearbeitet und implementiert. Dadurch sollen attraktivere Arbeitsplätze für weibliche Fachkräfte geschaffen werden. Darauf zielt auch Denis Haramincic, Business Development der Liip AG ab: «Wir sind zuversichtlich, mit dieser Forschungsarbeit neue oder andere Möglichkeiten zu eruieren, mit denen wir unsere Rahmenbedingungen weiter optimieren können.»

Zudem wird ein Empfehlungskatalog mit den Kooperationspartner/innen des Projekts erstellt. Dieser Katalog wird publiziert und soll MINT-Unternehmen, die nicht am Projekt beteiligt sind, bei der Herausforderung des weiblichen Fachkräftemangels unterstützen. Die folgenden Kooperationspartner/innen fungieren als Sounding Board und unterstützen das Projekt kommunikativ: <IT>rockt!, CCDI – Center for Diversity & Inclusion der Universität St.Gallen, Swissmem, SVIN – Schweizerische Vereinigung der Ingenieurinnen, SATW Swiss TecLadies und Techface.